Kochbuch

Kochen ist eine komplizierte Angelegenheit. Vom Einkauf bis zum fertigen Produkt auf dem Teller gibt es einiges zu beachten.

Um dabei zu helfen, die vielen Arbeitsschritte zu planen und durchzuführen, gibt es Kochbücher. Was für einen Koch oder eine Familienfrau mit Kindern zum Alltag gehört, waren für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung bisher ­Bücher mit sieben Siegeln.

Förderung der eigenen Autonomie

Gabriela Marghitola aus Rüdlingen hat in diesem Bereich Abhilfe geschaffen. Während sie als Sozialpädagogin in der Stiftung Brühlgut arbeitete, begleitete sie Menschen mit Beeinträch­tigung, die in Aussenwohngruppen wohnten, unter anderem im lebenspraktischen Bereich. Dazu gehören ­Tätigkeiten wie Kochen und Einkaufen. Das Ziel einer solchen Begleitung ist es, die Menschen in ihrer Autonomie zu fördern. Dafür arbeitet man in der Unterstützten Kommunikation oft mit Fotos oder Piktogrammen, das sind ­Bilder, die Arbeitsschritte vereinfacht darstellen.

 

Doch als es um den Bereich Kochen ging, stellte Marghitola bei der Suche nach geeigneten Kochbüchern bald fest, dass es zwar in Deutschland mehrere derartige Bücher gibt, jedoch nicht in der Schweiz. Hätte man denn nicht einfach diese Bücher benützen können? Darauf erklärt Gabriela Marghitola: «In Deutschland hat man einen anderen Sprachgebrauch als in der Schweiz. Dort nennt man Randen beispielsweise Rote Beete, oder Rahm heisst Sahne. Zudem waren sie vom Layout her zu dicht bepackt. Deswegen konnte man die Kochbücher in unserem Anwendungsbereich nicht gebrauchen, oder es wären viele Anpassungen nötig gewesen», erklärt sie. In allen Aussenwohngruppen wurde viel Zeit darauf verwendet, an Rezepten herumzutüfteln.

Dies motivierte Marghitola, etwas zu schaffen, was für alle Wohngruppen anwendbar sein sollte: «Ich begann deshalb, anhand eines ersten Rezepts von Text und Bild her an verschiedenen Vorlagen zu arbeiten und sie an der Basis mit den Klienten auszuprobieren. Die Herausforderung war dabei die Gliederung und das Layout, damit es übersichtlich ist. Unsere Bewohner sollten ja verstehen, welche Zutaten zusammengehören.» Beispielsweise habe sich nach und nach herausgestellt, dass eine vertikale Auflistung einfacher zu verstehen war als eine horizontale. Auch sei es wichtig, eine grosse Schrift zu verwenden und die Seiten nicht zu dicht mit Information zu bepacken. Nach vier Vorlagen ergab sich das ideale Layout. Nun begann Gabriela Marghitola, Rezepte zu sammeln. «Was kann man schon mit einem einzigen Rezept machen? Wenn unsere Klienten abends von der Arbeit kommen und müde sind, muss das Essen schnell bereit sein. Deswegen sind die Rezepte nach Aufwand gekennzeichnet. Bei der Sammlung wurden auch die Klienten stark eingebunden», erklärt Marghitola weiter, die jedes einzelne Rezept bei sich zu Hause zusammen mit ihrem Mann ausprobiert, in Einzelschritte zerlegt und textlich ­sowie fotografisch dokumentiert hat. Jedes Rezept enthält eine Einkaufsliste und eine Liste mit den dafür benötigten Küchengerätschaften – und natürlich den eigentlichen Rezeptablauf. Jeder Arbeitsschritt gliedert sich in die Nummer des Arbeitsschritts, das verwendete Werkzeug und die Handlung als Piktogramm, ein Foto dieses Arbeitsschritts und die Beschreibung des Arbeitsschritts in grosser Arial-Schrift und einfacher Sprache. Ein Foto vom fertig gekochten Rezept bildet den Abschluss.

Drei Jahre intensive Arbeit

«Am Ende hatte ich ein vier Zentimeter dickes Buch», lacht Marghitola. «Das war jedoch im Alltag so nicht zu gebrauchen.» Eine Gliederung aller Rezepte nach Themen drängte sich auf. So sind zwölf Ringbücher entstanden, die auch als CD erhältlich sind. Dadurch kann auch sehschwachen Klienten geholfen werden, da man die Rezepte so einfach vergrössern kann. Und es ist einfach, die Rezepte speziell auf die Bedürfnisse eines Klienten zuzuschneiden. «Insgesamt habe ich drei Jahre sehr intensiv an diesem Projekt gearbeitet», sagt Gaby Marghitola, «doch es hat sich gelohnt. Einer der Klienten der Wohngruppe hat mir gesagt: ‹Ohne dieses Buch kann ich gar nicht allein kochen.›»